Vampire sind Kinder der Nacht – genau wie das Kino. Die Untoten heissen Graf Orlok, Count Dracula und Edward Cullen – James Dean, Marilyn Monroe und Heath Ledger. Es ist deshalb ein sinniger Zufall, dass Bram Stoker «Dracula» 1897 veröffentlichte. Damals war das Kino gerade mal zwei Jahre alt. Dieser Seelenverwandtschaft hat Francis Ford Coppola in «Bram Stoker’s Dracula» knapp hundert Jahre später ein wunderbares Denkmal gesetzt.
Bis dahin waren im produktivsten Subgenre des Horrorfilms bereits über 600 Filme entstanden. Alle Vampirfilme hatten jedoch damit zu kämpfen, dass das Genre praktisch gleich mit einem Meisterwerk eingeführt wurde: «Nosferatu – eine Symphonie des Grauens» (1922) war die erste Verfilmung des Romans von Bram Stoker, allerdings notdürftig getarnt, um den Stoker-Clan nicht aufzuschrecken. Dracula trat bei Friedrich Wilhelm Murnau deshalb als Graf Orlok auf, denn die Produktionsfirma hatte die Rechte an der Buchvorlage von Bram Stoker nicht erworben. Man hoffte damit durchzukommen, dass Drehbuchautor Henrik Galeen da und dort etwas an der Handlung und den Namen änderte. Den Vampirjäger Van Helsing strich er gleich ganz.
Für Murnau bedeutete «Nosferatu» der Beginn einer grossen Karriere. Bis heute legt sein frühes Meisterwerk dafür Zeugnis ab, dass der Stummfilm fürs Horror-Genre prädestiniert ist, weil das Fehlen von Ton und Farbe geschickt ausgenutzt die hypnotische Wirkung der Bilder massiv steigern kann. Murnau sorgt nicht mit schrillem Sound und blutigen Szenen für Horror. Er lässt lieber die Schatten unheilvoll fallen, ein Trauerzug mit unzähligen Särgen wankt gespenstisch durch die Strassen, und der Vampir fährt stocksteif wie auf einem Scharnier aus seinem Sarg hoch. Max Schreck alias Graf Orlok alias Nosferatu ist bis heute der unheimlichste Blutsauger der Filmgeschichte geblieben. Besonders schauerlich wird uns zumute, wenn Murnau gezielt Bilder weglässt. Dadurch werden wir gezwungen, den Horror noch viel näher, als wir es eigentlich wollen, an uns heranzulassen. Die grausigsten Bilder malen wir uns im eigenen Kopf aus.
Obwohl «Nosferatu» ein Stummfilm ist, wurde er kaum je stumm gezeigt. Die Filmmusik gehörte von Anfang an dazu und bietet eine faszinierende Bühne für immer neue Interpretationen des bald neunzigjährigen Films. Hans Erdmanns «Ur-Score» ist zwar verschollen, wurde aber von Berndt Heller für die restaurierte Fassung von 2007 akribisch rekonstruiert, so dass sie heute als wieder entdeckt gelten kann. Erdmanns Musik ist ein expressionistischer, hörbar von Wagner inspirierter Klangteppich, minutiös jedem einzelnen Bild angepasst, aber gerade in dieser Passgenauigkeit auch etwas harmlos und eintönig. Gerade weil Erdmanns Soundtrack so lange verschollen war, wurde kaum ein Stummfilm so oft vertont wie «Nosferatu». Für die Fernsehaufführung des Films wurden mehrmals Kompositionsaufträge vergeben. 1969 von der ARD an Peter Schirrmann und 1988 vom ZDF an Hans Posegga. Es existiert ein – auf Dauer fürchterlich nervtötender – elektronischer Soundtrack der französischen Progressive-Rocker Art Zoyd. Beliebter – und gelungener – ist dagegen die 1998 entstandene Komposition von James Bernard. Es war eine der letzten Arbeiten des Hauskomponisten der Hammer-Studios, der 1958 unter anderem auch deren erste Dracula-Produktion mit Christopher Lee vertont hatte. Der schrille Hammer-Sound klingt selbst vierzig Jahre noch nach und bleibt in Murnaus fahlem und betont blutleeren Bilderreigen letztlich ein Fremdkörper. Die gewagteste und überraschendste Vertonung verdanken wir jedoch dem Schweizer Komponisten und Dirigenten Armin Brunner. 1988 wurde seine Version an den Musikfestspielen in Luzern erstmals aufgeführt. Brunner bedient sich ausschliesslich im Werk Johann Sebastian Bachs, bearbeitet das Material, dekonstruiert und kompiliert es virtuos und führt es schliesslich zu einer genialen Symbiose mit Murnaus Bildern. Sowohl der gefühlvolle Pietismus Bachs wie seine mathematische Manie finden in Murnaus melancholischem Passionsspiel ihre Entsprechung. Eine sowohl in Richtung Bach wie in Richtung Murnau kongeniale Arbeit, die leider im Handel bis heute nicht erhältlich ist.
Murnau wurde also mit «Nosferatu» zum Star und der Film zum Klassiker. Die Produktionsfirma Prana-Film dagegen wurde damit nicht glücklich. Es war nämlich ihr erster und ihr letzter Film. Die Firma ging pleite, weil «Nosferatu» ein Misserfolg war, und weil sich die beiden Inhaber allzu grosszügig am Firmenkapital bedient hatten. Im August 1922 wurde deshalb ihr einziger Film gepfändet. Und es kam noch schlimmer: Henrik Galeen konnte mit seinen Änderungen am Stoff nicht verhindern, dass die Witwe von Bram Stoker einen Urheberrechtsstreit lostrat. Sie gewann den Prozess 1925, und das Urteil lautete: «Nosferatu» muss vernichtet werden. Glücklicherweise existierten damals bereits so viele Kopien, dass der Richterspruch gar nicht mehr vollzogen werden konnte.
Für Max Schreck wurde Nosferatu zur Rolle seines Leben, so einzigartig, dass sich auch um ihn selbst Legenden ranken. Die Realität allerdings war unspektakulär: Schreck kam weder aus dem Nichts, noch ist er ins Nichts entschwunden. Als Theaterschauspieler in München war er für die allermeisten Kinogänger zwar ein Unbekannter, aber als ihn Murnau engagierte, hatte er bereits Erfahrung beim Film. Und nach «Nosferatu» blieb Schreck ein viel beschäftigter Schauspieler, allerdings nur selten in Hauptrollen. Er trat weiterhin im Theater auf, drehte Filme und machte Kabarett. 1936 starb Schreck unerwartet früh, was bestimmt die Legendenbildung zusätzlich genährt hat. In «Shadow of the Vampire» (2000) von E. Elias Merhige, einem wild fantasierenden Horrorfilm über die Dreharbeiten von «Nosferatu», wird sogar behauptet, Schreck sei selbst ein Vampir gewesen. Dass der mysteriöse Stoff ins Diesseits der Leinwand hineinwirkt, war von nun an ein häufig wieder kehrendes Motiv der Legendenbildung.
1931 trat endlich der erste legitimierte Graf Dracula ins Dunkel der Leinwand. Und auch für den Ungarn Bela Lugosi wurde es die Rolle seines Lebens, noch gespenstischer sogar als für Max Schreck. Tod Browning durfte den Roman Stokers mit dem Segen der Erben – und gegen entsprechendes Entgelt – verfilmen. Im Vergleich zu Murnau ist seine Version allerdings statisch und theaterhaft, was nicht zuletzt am damals noch jungen Tonfilm hing, der durch technische Limitation dazu gezwungen war, die von Murnau entfesselte Kamera zunächst wieder stärker «anzubinden». «Dracula» lebt deshalb weniger von raffinierten optischen Einfällen als von seinem Hauptdarsteller, den Browning mit viel Stummfilm-Patina ins Bild setzt. Immer wieder verengt sich die Leinwand auf einen schmalen Lichtstreifen, der Lugosis hypnotischen Blick zelebriert. Lugosi wandelt stocksteif als Aristokraten-Marionette durch die Szenerie. Damit war er von nun an auf Horrorfilme im Allgemeinen und Vampirrollen im Besonderen festgelegt. Selbst die Parodie Bela Lugosis konnte nur Lugosi selbst geben. Zum ersten Mal schon früh in «Mark of the Vampire» in dem uns ebenfalls Tod Browning gehörig an der Nase herumführt. Und später in der Multi-Horror-Groteske «Abbott and Costello Meet Frankenstein» (1948). Damals steckte das Genre in einem Zwischentief fest und Lugosi war nur noch ein Schatten seiner selbst, dem Alkohol und der Drogensucht verfallen. Erst gegen Ende seines Lebens tauchte er in der Filmgeschichte wieder auf, weil ihm die zweifelhafte Ehre zuteil wurde, mit Ed Wood – natürlich als Graf Dracula – seinen letzten Film «Plan 9 from Outer Space» (1958) zu drehen. Erlebt hat Lugosi die Uraufführung dieses mit ebensoviel Enthusiasmus wie Unvermögen gedrehten Films allerdings nicht mehr. Er starb 1956 und wurde auf Wunsch der Angehörigen in seinem Dracula-Kostüm aufgebahrt und beerdigt. Am Grab soll daraufhin Vincent Price, der als Horrordarsteller auf Edgar Allen Poe spezialisiert war, zu seinem «Gruselkollegen» Boris Karloff gesagt haben: «Man sollte Lugosi vorsichtshalber einen Pfahl durchs Herz treiben.»
Wer Bela Lugosi sagt, wird zwangsläufig auch Christopher Lee sagen müssen, der so oft wie kein anderer Schauspieler den blutsaugenden Grafen gegeben hat, mit der Rolle aber dennoch wesentlich weniger tragisch verknüpft blieb als Lugosi.
In den fünfziger und sechziger Jahren haben die englischen Hammer-Studios nicht nur das Horror-Genre ganz allgemein wiederbelebt, sie haben insbesondere dem Vampirfilm buchstäblich neues Blut zugeführt. Auf Breitleinwand und in Farbe wurde 1958 «Dracula» unter der Regie von Terence Fisher zum lustvollen Screamer, bei dem das Blut fröhlich spritzt und fliesst. Nichts da von der Melancholie Schrecks und der Noblesse Lugosis – im Hammer-Universum ist Dracula ein blutgeiler Bock, der irgendwann ganz folgerichtig im Swinging London nach «Mini-Mädchen» jagt.
Während Murnau, Browning und Coppola dem Mythos ziemlich ironiefrei begegnen, ist die Hammer-Reihe eigentlich von Anfang an auf Parodie angelegt. Kein Wunder, dass beim letzten Dracula-Auftritt von Christopher Lee unter der Regie von Edouard Molinaro – aber nicht mehr für Hammer – in «Dracula père et fils» (1976) nur noch die reine Persiflage übrig bleibt. Dracula keilt sich mit seinem leiblichen Sohn um eine Schönheit, mit einem Sohn wohlgemerkt, der sich standhaft weigert, herzhaft ins frische Fleisch zu beissen. Da er ohne Blutzufuhr allerdings genauso wenig über die Runden kommt wie der Alte, wird er zunächst aus dem Fläschchen ernährt und stürzt sich später in der Grossmetzgerei auf das gerade noch bluttriefende Fleisch am Haken.
Erst 1992 wurde die Legende vom blutdürstigen Untoten Dracula der Vorlage getreu verfilmt. Selbstbewusst nannte Francis Ford Coppola seine Interpretation deshalb «Bram Stoker’s Dracula». Zusammen mit Michael Ballhaus machte er sich einen Spass daraus, die schauerlichsten Effekte mit alten Stummfilmtricks «in der Kamera» zu erzielen. Das sieht wie eine feierliche und gleichzeitig höchst amüsante Rückkehr zu Murnau und den Anfängen der Filmgeschichte aus. Wenn Draculas Schatten über Jonathan Harker herfällt, bewegt sich hinter der auf eine Leinwand projezierten Karte von London ein Schattenspieler. Wenn Dracula bedrohlich das Rasiermesser schwingt und sich der Raum zu verengen scheint, werden die Wände auf Rollen näher geschoben. Wenn die zum Vampir gewordene Lucy zurück in ihren Sarg gebannt wird, spielt Sadie Frost die gesamte Szene rückwärts. Das bedeutet, dass sie dabei gefilmt wurde, wie sie aus dem Sarg steigt und rückwärts die Treppe hochgeht. Danach wurde diese Aufnahme abermals rückwärts abgespielt und als Effekt sehen wir nun ein Wesen, das wie ein Mensch aussieht, sich aber nicht wie ein Mensch bewegt. Für eine rasende Kamerafahrt eine Treppe hoch und wieder runter wurde ein Pendel gebaut, mit dessen Hilfe die Kamera wenige Zentimeter über Bodenhöhe hoch und runter schwingen konnte.
So entstand der gesamte Film im Studio «auf alte Art». Selbst eine wilde Verfolgungsjagd durch das karpatische Gebirge wurde vollständig unter Dach gedreht. Michael Ballhaus erinnert sich: «Wir hatten dafür die grösste Halle in den Columbia-Studios gemietet. Die Halle war 100 Meter lang und 50 Meter breit. Darin wurde sozusagen ein Rundkurs gebaut, den wir von der Mitte her fotografieren konnten. In die Mitte hatten wir also eine Fahrbahn gelegt, wo unsere Kameras auf einem Shotmaker montiert waren. So haben wir teilweise mit drei Kameras gleichzeitig gefilmt. Am Anfang habe ich offen gestanden nicht daran geglaubt, dass es auf diese Weise überhaupt klappen würde. Immerhin ging es um eine Verfolgungsjagd mit Pferdekutschen, es sollte schneien, wir brauchten Nebel und auch noch einen Sonnenuntergang. Aber die Stuntmänner haben versichert, sie könnten es schaffen, wenn die Kurven nicht zu eng gelegt würden. Also dachte ich mir, dass ich meinen Teil wohl auch schaffen muss. Schritt für Schritt haben wir dann für alle Probleme eine Lösung gefunden.» Damit waren Coppola und Ballhaus sogar noch hinter Murnau zurückgekehrt, denn dieser hatte für «Nosferatu» Aussenaufnahmen gedreht, die damals als neu und aufregend galten.
Dass es sich bei Coppolas Dracula-Verfilmung mindestens so sehr um eine Hommage an die Seelenverwandtschaft von Kino und Vampirmythos handelt wie um eine werkgetreue Verfilmung des Stoker-Romans wird deutlich, wenn Graf Dracula in London ankommt. Dann ruckeln die Bilder wie zu Stummfilmzeiten während aus dem Off die jüngste Attraktion des Jahrmarkts angepriesen wird: Der Cinematograph. Gedreht wurde diese Szene mit einer alten Handkurbel-Kamera aus dem Fundus des Kinoarchäologen Coppola, der seine Produktionsfirma nicht zufällig nach einem alten optischen Spielzeug «Zoetrope» getauft hatte.
Wer sich für die Adaption von Bram Stokers «Dracula» interessiert, ist mit diesen vier Filmen eigentlich vollumfänglich bedient: «Nosferatu – Symphonie des Grauens», die beiden «Dracula»-Versionen von 1931 und 1958, sowie «Bram Stoker’s Dracula» muss man kennen. Aber der Stoff und das Genre bieten so viele Spielarten, dass man damit nie ganz durch sein wird. Über 600 mehr oder weniger blutige Vampirfilme wurden uns in allen erdenklichen Variationen serviert: Als karges Mahl von Carl Theodor Dreyer, als Western von John Carpenter, jüngerhaft von Werner Herzog, schwülstig grossstädtisch von Neil Jordan, testosteronhaltig von Stephen Sommers und Stephen Norrington, abgehoben trashig von Andy Warhol und wahrhaftig trashig von Mario Bava, bis hin zu putzig kinderfreundlich von Uli Edel.* Ganz zu schweigen von jenen Monster-Gipfeltreffen wie «The League of Extraordinary Gentlemen» (2003), in denen die Helden des Horrorfilms querbeet verwurstet werden.
Aber aus dieser schier unübersehbaren Masse ragt ein Film heraus, der selbst all jene zum cineastischen Vampirismus verführt, die sich sonst am grausigen Zähnefletschen nicht ergötzen mögen. Der mehrheitsfähigste aller Vampirfilme ist ausgerechnet eine Parodie. Roman Polanski ist mit «Dance of the Vampires» (1966) das seltene Kunststück gelungen, hinreissende Parodie, liebevolle Hommage und gefühlsechtes Original perfekt zu verbinden. Ursprünglich wollte Polanski seine Horrorparodie in den Schweizer Bergen drehen. Weil sich dieser Plan nicht verwirklichen liess, drehte er den Film dann doch grösstenteils in englischen Filmstudios. Lediglich für einige Aussenaufnahmen kehrte er dennoch in die Alpen zurück – und soll unter den Touristen Angst und Schrecken verbreitet haben. Polanski engagierte Dutzende von Handwerkern, die für die vampirische Kulisse Särge zimmern mussten. Als die Touristen, die von den Dreharbeiten nichts wussten, das sahen, glaubten sie, ausgerechnet an ihrem idyllischen Ferienort sei eine tödliche Seuche ausgebrochen.
Wieder zurück in England, verwendete Polanski für die legendäre Ballszene einen ebenso simplen wie aufwändigen Trick. Er liess den gesamten Ballraum hinter einem durchsichtigen «Spiegel» nochmals spiegelverkehrt aufbauen. Und dann liess er darin drei Doppelgänger von Abronsius, Alfred und Sarah auftreten. Während wir also den Eindruck haben, in einen Spiegel zu blicken, schauen wir in Wirklichkeit durch Fensterglas hindurch.
Für eine leichtgewichtige Parodie hat «Dance of the Vampires» erstaunlichen Wirbel verursacht. In den USA wurde er vor seinem Erscheinen so stark durch Schnitte verändert, dass man von Verstümmelung sprechen muss. Polanski zog seinen Namen zurück und lehnte jede Verantwortung für dieses Machwerk ab. In Deutschland waren die Änderungen subtiler. Sie betrafen die Synchronisation, also die deutsche Sprachfassung. Weil man bis in die 1970er Jahre hinein eifrig darauf bedacht war, möglichst alles vom deutschen Publikum fernzuhalten, was mit Nazis oder Juden zu tun hatte, änderte man ein Detail und ruinierte damit eine der schönsten Pointen: Als Abronsius seinem eben zum Vampir gewordenen Wirt das Kreuz entgegenhält, wirkt es nicht. Der Grund dafür: Dieser Vampir ist jüdisch. Deshalb sagt er im englischen Original zu Abronsius: «Du hast den falschen Vampir erwischt.» In der deutschen Fassung ist die Erklärung fürchterlich lau: Kreuze wirken nur bei alten Vampiren.
Der Schlusssatz des Films dagegen blieb erhalten und ist als Filmzitat geradezu ins öffentliche Bewusstsein eingegangen: «In jener Nacht, auf der Flucht aus den Südkarpaten, wusste Professor Abronsius noch nicht, dass er das Böse, das er für immer zu vernichten hoffte, mit sich schleppte; mit seiner Hilfe konnte es sich endlich über die ganze Welt ausbreiten.»
Dass ausgerechnet die schöne Sharon Tate, in die sich Polanski während den Dreharbeiten zu «Dance of the Vampires» verliebt hatte, einem Gewaltverbrechen zum Opfer fiel, ist ein weiterer grausiger Beitrag zur Legende um den Mythos. 1969 wurde die damals hochschwangere Ehefrau Polanskis von der «Manson Family» bestialisch ermordet.
Ob auch Robert Pattinson vom Fluch des Dracula-Stoffes getroffen wird, weil er als Edward Cullen mit «Twilight» zum Superstar wurde? Mit einer Logik, die von hinten durch die Brust ins linke Auge denkt, müsste man ihn warnen. Pattinson gibt den Vampir als Romantic Lover, den anstelle von Tragik jugendlicher Weltschmerz umgibt. Er hält sich Bella weniger auf Distanz, weil er sie davor schützen will, selbst zum Vampir zu werden, sondern weil ihn die Rolle des einsamen Nachtschattengewächs nur noch attraktiver macht. «Twilight» erinnert an manchen Stellen an «Rebel Without a Cause». Und tatsächlich wird Pattinson im Aussehen wie in der Rollengestlatung als Wiedergeburt James Deans inszeniert. Wenn das nicht cineastischer Vampirismus und ein gefährliches Spiel mit dem Mythos ist!
Thomas Binotto – publiziert in «filmbulletin» 307, 2010